Markus Sternlieb

- Ein Baumeister verändert das Gesicht seiner Stadt

Die Ebert Siedlung

Wie kam es zum Bau der Ebertsiedlung?
Auf Grund der industriellen Revolution im 19. und 20. Jahrhundert zogen sehr viele Menschen in die Städte, um in den zahlreichen Fabriken Arbeit zu bekommen, bei uns z. B. in der BASF. So entstand eine sehr große Wohnungsnot. Nach dem 1. Weltkrieg wurde die Not noch größer wegen der zahlreichen Kriegsheimkehrer. Es gab zu dieser Zeit mehr Eheschließungen und neue Familien, die eine Wohnung brauchten. Wegen der Gebietsabtretungen, die der Versailler Vertrag vorschrieb, brauchten die Menschen, die aus den französisch besetzten Gebieten nach Ludwigshafen kamen, auch Wohnmöglichkeiten. Es wurden auch Heime für Kriegsopfer benötigt.

Um die Wohnungsfrage in einer großstädtischen Region zu lösen, eignete sich der Mietwohnungsbau am besten, obwohl er durch die Mietskasernen dieser Zeit einen schlechten Ruf hatte.

Die große Masse der Wohnungssuchenden in den zwanziger Jahren gehörten zu den finanziell schlecht gestellten Schichten. Diesen Schichten mussten gesunde und zweckmäßig eingerichtete Wohnungen preiswert beschafft werden. Diese sollten zudem hässliche Baulücken im Stadtgebiet beseitigen. Diese beiden Aufgaben wurden der GAG übertragen. Der Architekt der Ebertsiedlung Marcus Sternlieb war Stadtbaurat und gleichzeitig im Vorstand der GAG.

Die Wohnungen sollten eine geringe Baudichte haben, um genug Platz für Freiflächen und Spielmöglichkeiten und um optimale Belichtung der einzelnen Wohnungen zu schaffen. Auch im Bereich Technik und Ausstattung wollte man die „modernen“ Standards der Bauhausarchitektur erfüllen.

Das erste größere Bauvorhaben in Ludwigshafen, bei dem all diese Forderungen realisiert wurden, war die Ebertsiedlung, die um 1925 im Zusammenhang mit der Anlage des Ebertparks im Rahmen der Landesgartenschau errichtet wurde.

Entwicklung der Einwohnerzahlen in Oppau und Edigheim

Die Auswirkungen der Industrialisierung


Aufteilung der Oppauer Bevölkerung nach Berufen in Prozent

Aussehen der Ebertsiedlung
Die Ebertsiedlung setzte deutliche Akzente innerhalb der Ludwigshafener Stadtlandschaft. Der Baustil orientiert sich sehr am Bauhaus und war somit keine der üblichen Siedlungen der 20er Jahre. Die 3-4 geschossigen Bauten waren in den 20ern sehr modern mit Materialien, wie zum Beispiel Glas und Stahl, gebaut. Die Fassaden sind in strengen Formen gehalten, welche weitgehend auf dekorative und gliedernde Elemente verzichten. Auffallend sind die Fenster im Querformat, sowie senkrechte Fensterbände im Treppenhaus. Hinter der Straßenfassade öffnen sich weiträumige Innenhöfe, wie es damals üblich war. Dies verlieh der Siedlung den Charakter eines Dorfplatzes.


Idealplan der Ebertsiedlung – in dieser Form nie realisiert

Die Siedlung ist im Wesentlichen noch im ursprünglichen Zustand, dies deutet auf eine sehr gute Bauqualität hin.

Das Neue an der Ebertsiedlung
Die Ebertsiedlung glich fast einer kleinen Stadt. Die Siedlung besaß in der Anfangszeit eine große Anzahl von Läden (insgesamt 18) in denen die Bewohner alles kaufen konnten, was sie für das tägliche Leben brauchten. Sogar eine öffentliche Gaststätte befand sich in der Siedlung. Daneben hatte man auch gut ausgestattete Spielplätze mit Planschbecken und grünem Rasen eingeplant. Außerdem verfügte die Siedlung über einen Kindergarten und eine Zentralwaschküche. Diese war sehr hilfreich für kinderreiche Familien, denn das Waschen ging um einiges schneller. Ein Fernheizwerk und eine Rundfunk – und Vermittlungsstelle sowie eine eigene Polizeistation gab es ebenfalls. Die Wohnungen selbst hatten alles, was das Herz begehrt: Kochnische (sie ersetzte einige Möbelstücke und sparte Platz), Gasherd, Spülbecken, Speiseschrank, Geschirrschrank, Anrichte und einen Tisch. Das Bad hatte eine Badewanne, fließendes Warmwasser und ein Spülbecken. Die Ebertsiedlung war in ihrer Gesamtheit eine für die damalige Zeit mit modernstem Komfort ausgestattete Wohnsiedlung.


Zentralwaschküche: Waschraum


Der Kindergarten


Küche


Bad

Die Finanzierung
Aufgrund der damaligen Wohnungsnot versuchte der bayrische Staat mit Hilfe einer neuen Art der Wohnungsbau-Finanzierung größere Bauprogramme in wesentlich kürzerer Zeit durchzuführen. Er schloss einen Vertrag mit der GAG und belieh einen Teil der Wohnungsbauten mit bis zu 5000 RM je Wohnung und gewährte Zinsverbilligungen. Als Gegenleistung sollten die Wohnungen einen Mietpreis von 10 RM pro Quadratmeter nicht überschreiten.

Erstbezieher
Ein Blick ins Adressbuch von 1930 bestätigt die zeitgenössische Einschätzung, dass in der Ebertsiedlung „Mittelstandswohnungen“ errichtet wurden. Auch die sozialdemokratische Tageszeitung „Pfälzische Post“ wies daraufhin, „dass sich solche Wohnungen mit solchen Einrichtungen die meisten Arbeiter und Angestellten noch nicht leisten können“. So waren die häufigsten Berufe der Erstbezieher Kaufleute (105), Studienräte und Lehrer (45), Techniker und Ingenieure (30), Handwerksmeister (27), Obersekretäre (19) und Chemiker (15).

Frühere Namen der Ebertsiedlungsiedlung

- Hindenburg-Siedlung
- Adolf-Hitler-Siedlung
- Jetzt: Friedrich-Ebert-Siedlung

Paul von Hindenburg

- geboren am 2.10.1847 in Posen
- 1866 Eintritt in preußische Armee - 1914 nach Ausbruch des 1.Weltkriegs wird er Oberbefehlshaber der 8.Armee,die die russischen Truppen bei Tannenberg schlägt
- 1916 übernimmt er die OHL unter Wilhelm II.
- 1919 formuliert er erstmals die Dolchstoßlegende
- 1925 zur Zeit der Weimarer Republik wird er als Kandidat der rechten Parteien zum Reichspräsidenten gewählt, obwohl er überzeugter Monarchist ist
- 1933 ernennt er Hitler zum Reichskanzler
- 1934 stirbt er in Westpreußen

Quellenangaben

  • Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz ( Patmos Verlag Schwann )
  • Eine Stadt wird gebaut von Thomas Breier
  • Entwicklung des Wohnungsbaus in Ludwigshafen bis 1945 ( herausgegeben von der Stadt Ludwigshafen )
  • Ludwigshafen Chronik
  • Museum im Oppauer Rathaus
  • Die Bilder stammen aus dem Archiv von Herrn Nauert

 

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